Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
- Die Gesamtnachfrage nach Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt ist laut unserem Indeed Arbeitsmarkt Index im Vergleich zum September 2023 um 17,4 % gesunken.
- Von allen Berufssektoren sind Stellen im Personalwesen am stärksten zurückgegangen, nämlich um 35,3 % im Vorjahresvergleich – ein Hinweis auf eine ungünstige Stellenentwicklung in den nächsten Monaten.
- Eine ähnlich große Lücke zwischen HR-Jobs und dem Gesamtdurchschnitt hat sich zuletzt im Frühjahr 2020 aufgetan.
- Stellenanzeigen in klassischen Büroberufen sind stark rückläufig, mit einem Rückgang von rund einem Viertel bis zu mehr als einem Drittel in den am stärksten betroffenen Berufsgruppen.
- In Berufsgruppen mit hohen Präsenzanforderungen liegt der Indeed Arbeitsmarkt Index um knapp 30 Prozentpunkte über dem Gesamtdurchschnitt.
- Im Vergleich zu anderen Ländern der Euro-Zone ist der deutsche Indeed Arbeitsmarkt Index seit Anfang dieses Jahres etwas stärker gesunken.
Unser quartalsweise erscheinendes Update betrachtet wichtige Trends auf dem Arbeitsmarkt unter Verwendung von Indeed-Daten und ergänzt damit Daten der amtlichen Statistik. Die hier verwendeten Indeed Daten werden regelmäßig aktualisiert und können in unserem Indeed Datenportal frei abgerufen werden.
Zurückhaltung macht sich breit am deutschen Arbeitsmarkt: Die momentanen Wirtschaftsaussichten trüben den Arbeitsmarkt zunehmend ein. Laut dem ifo-Institut steckt die Wirtschaft bereits in der Krise, und auch die Wachstumsprognose des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) für 2024 rechnet mit einer Stagnation, die leicht ins Negative abgleiten könnte. Die EZB reagierte bereits auf schwache Wachstumsprognosen und die rückläufige Inflation und passte den Leitzins den aktuellen wirtschaftlichen Umständen an. Wenn auch die Zinssenkung der US-Notenbank Fed als schwaches Licht am Horizont scheint, stehen in Deutschland die Zeichen vorerst auf Zurückhaltung am Arbeitsmarkt. Die Bundesregierung erwartet daher kurzfristig keine konjunkturelle Erholung. Unser Indeed Arbeitsmarkt Index zeigt bereits die Auswirkungen auf die Arbeitskräftenachfrage.
Rückgang der Arbeitskräftenachfrage setzt sich fort
Die gesamtwirtschaftliche Arbeitskräftenachfrage sinkt kontinuierlich – dies schlägt sich auch in unserem Indeed Arbeitsmarktindex nieder. Stand 20. September 2024 ist der Index mit 132 Punkten auf seinem niedrigsten Stand seit August 2021. Bestätigt wird dieses Bild durch die amtliche Statistik: Die Arbeitslosenzahlen sind im Laufe des vergangenen Jahres leicht angestiegen, was theoretisch sowohl auf zunehmende Entlassungen als auch auf sinkende Neueinstellungen zurückzuführen sein könnte. Laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist das Entlassungsrisiko im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten bislang aber nicht auf besorgniserregendem Niveau: Trotz des rauhen Fahrwassers hält sich laut IAB-Prognose für 2025 die Beschäftigung vergleichsweise stabil.
Der Rückgang der Stellenanzeigen auf Indeed bestätigt, dass sich die stagnierende Wirtschaft und sich leerende Auftragsbücher in größerer Zurückhaltung der Arbeitgebenden und gedrosselten Einstellungsabsichten niederschlägt. Trotz der unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Aussichten sind Entlassungen bislang auf einem geringeren Niveau als vor der Pandemie; ebenso ist die Zahl der angemeldeten Kurzarbeiter*innen zumindest bis zum Sommer nicht gestiegen. Jedoch treten Arbeitgebende bei den Neueinstellungen auf die Bremse – der Übergang aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung wird erschwert.
Dies bestätigt auch ein Blick auf die Jobentwicklung im Personalwesen, der als ein Frühindikator für Einstellungsabsichten gewertet werden kann: Sowohl der Einbruch im Jahr 2020 als auch die darauffolgende Erholung der Nachfrage zeigte sich im Personalbereich deutlich früher und deutlich stärker. Denn nur, wer größere Einstellungspläne hat, investiert auch verstärkt in HR-Profis, die solche Pläne umsetzen können. Ohnehin setzen Unternehmen seit dem abflauenden Stellen-Boom nach der Coronapandemie eher auf eine Strategie der Mitarbeiterbindung statt -findung – letztere wird zunehmend als schwierig erachtet. Heute ist die Lücke zwischen HR-Jobs und dem Gesamtdurchschnitt so groß wie seit April 2020 nicht mehr – die Talfahrt scheint also noch nicht beendet zu sein.
Die großen Verlierer sind Bürojobs
Den stärksten Verlust im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichneten die Bereiche Personalwesen, Softwareentwicklung und Projektmanagement, die jeweils rund ein Drittel weniger Stellen ausschrieben. Weitere bedeutende Verlierer sind die Bereiche Kundenservice, Sozialdienst & Sozialarbeit sowie der Vertrieb, die im Vergleich zum vergangenen Jahr jeweils um rund ein Viertel niedriger liegen. Zusammengenommen machen diese Berufssektoren etwas mehr als ein Viertel aller Indeed-Stellenanzeigen aus.
Der Rückgang der Stellenanzeigen in der Buchhaltung und bei Reinigungsdiensten im Vergleich zum September 2023 ist zwar erheblich, bleibt jedoch deutlich über dem sektorübergreifenden Rückgang von -17,4 %. Relativ niedrige Einbußen gab es bei den Stellenanzeigen in der Medizintechnik und im Einzelhandel, die jeweils nur um wenige Prozent unter ihrem Vorjahreswert liegen. Im Pflegebereich und im Transportwesen gab es hingegen kaum Veränderungen: Pflegeberufe zeigen mit einem Anstieg von 1,6 % sogar einen leichten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr, während der Stellenindex im Transportsektor auf dem gleichen Niveau wie vor 12 Monaten verbleibt. Insgesamt machen diese sechs Berufssektoren mit den größten Nachfrageeinbußen etwa 45 % des Marktes für Stellenanzeigen aus.
Der bereits seit einiger Zeit bestehende Trend verstärkt sich: Bürojobs, insbesondere im administrativen und technischen Bereich, sind momentan rückläufig. Der Großteil der stabil bleibenden Berufsgruppen zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass es sich überwiegend um Präsenzjobs handelt, oft mit intensivem Kundenkontakt und körperlichem Einsatz, wie z. B. in den Bereichen Pflege und Einzelhandel, Transportwesen und Reinigungsdienste.
Berufsgruppen mit hohen Präsenzanforderungen sind weiterhin stark gefragt
Insgesamt ist der Arbeitsmarkt für Jobs mit hohen Präsenzanforderungen weiterhin angespannt. Dabei handelt es sich um kontaktintensive Jobs bzw. solche, die körperlichen Einsatz erfordern. Sie zeichnen sich üblicherweise durch geringe Homeoffice-Affinität und eine direkte Interaktion mit Kund*innen und Kolleg*innen aus. Hierzu gehören unter anderem Jobs im Einzelhandel, in der Pflege, im Bereich der Lebensmittelzubereitung und Gastronomie, im Bauwesen, in der Produktion oder der Lagerhaltung. (Die vollständige Liste der Berufsgruppen ist im Abschnitt “Methodik” weiter unten zu finden.)
Während beide Sektorengruppen von Ende 2021 bis Mitte 2022 noch einem gemeinsamen Verlauf folgten, hat sich die Lücke von 22 Prozentpunkten zu Beginn dieses Jahres auf über 30 Prozentpunkte im September 2024 vergrößert.
Diese Zahlen sind auch ein Zeichen dafür, dass Arbeitgebende heute zunehmend Schwierigkeiten haben, offene Stellen in einigen der genannten Sektoren zu besetzen. Der anhaltend angespannte Arbeitsmarkt in Bereichen mit hohen Präsenzanforderungen weist auf eine Lücke zwischen den verfügbaren Jobangeboten und entsprechenden Kandidat*innen hin. Dies erschwert die Rekrutierung und Bindung qualifizierter Mitarbeitender.
Der deutsche Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen
Im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn hat Deutschland mit einem etwas stärkeren Rückgang der Arbeitskräftenachfrage zu tun. Obwohl die Zahl der Stellenanzeigen in den vergangenen beiden Jahren auch in den Nachbarstaaten stark gesunken ist, verlangsamte sich der Rückgang zuletzt in mehreren Ländern. In Deutschland dagegen scheint mit Blick auf den Indeed Arbeitsmarkt Index der tiefste Punkt noch nicht erreicht zu sein. Der anhaltende Abwärtstrend deutet darauf hin, dass der deutsche Arbeitsmarkt noch vor größeren Herausforderungen steht. Dies könnte langfristige Auswirkungen auf die Beschäftigung in bestimmten Sektoren haben.
Bei aller eingetrübten Stimmung lohnt sich aber auch ein Blick auf die Chancen, die die aktuelle Phase der Transformation bietet. Klimawandel, Digitalisierung und demografischer Wandel stellen uns vor Aufgaben, die neue Lösungsansätze erfordern, um unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten. Aktuelle Forschung des Indeed Hiring Lab zeigt, dass Umbrüche wie die grüne Transformation am Automarkt den Arbeitsmarkt beleben können. Zuletzt konnte die Beschäftigung vor allem dank Teilzeitkräften wachsen. Angesichts der Herausforderungen, vor denen die deutsche Wirtschaft steht, ist es wichtig, die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen, die zur Umgestaltung beitragen können. Dazu gehört auch, allen Menschen im erwerbsfähigen Alter, insbesondere Frauen, eine Teilhabe am Erwerbsleben im gewünschten Umfang zu ermöglichen. Was die Erwerbstätigkeit von Eltern und speziell Müttern angeht, hat Deutschland mit Blick auf Gleichstellungsindikatoren nämlich noch einigen Aufholbedarf. Unzureichende Betreuungsmöglichkeiten und eine ungleich verteilte Care-Arbeit stellen nach wie vor ein erhebliches Hindernis für die Ausschöpfung des gesamten Fachkräftepotenzials dar.
Methodik
Tiefergehende methodische Hinweise zu den verwendeten Indeed Daten finden sich hier: Indeed Arbeitsmarkt Index, Indeed Gehaltstracker und Indeed Homeoffice Tracker.
Wöchentlich erscheinen neue Daten des Indeed Arbeitsmarkt Index und sind in unserem Datenportal frei zugänglich. Die nahezu Echtzeitdaten von Indeed ermöglichen nicht nur eine Gesamtarbeitsmarkteinschätzung, sondern zeigen auch die Entwicklungen der Arbeitskräftenachfrage für einzelne Berufsgruppen. Im Mai 2024 hat es ein methodisches Update gegeben, welches auch die Indeed-Daten für Deutschland betrifft. Um eine Vergleichbarkeit über die Zeit zu ermöglichen, wurden alle Daten rückwirkend neu berechnet.
Die Zahl der Stellenausschreibungen auf Indeed.com ist kein Indikator für potenzielle Einnahmen oder Erträge von Indeed, das einen bedeutenden Prozentsatz des HR-Technologiesegments seiner Muttergesellschaft Recruit Holdings Co., Ltd. umfasst. Dies gilt sowohl für bezahlte als auch unbezahlte Stellenausschreibungen. Die Zahl der Stellenausschreibungen wird nur zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt und ist kein Indikator für die Leistung von Indeed oder Recruit. Weitere Informationen über die Umsatzerlöse des HR-Technologiesegments von Recruit finden Sie auf der Investor-Relations-Website von Recruit Holdings und in den Finanzberichten in Japan.
Jobs mit Homeoffice-Affinität vs. Jobs mit hohen Präsenzanforderungen
Das Indeed Hiring Lab berechnet regelmäßig die Homeoffice-Affinität der Indeed-Berufssektoren. Auf Basis dieser Tabelle wird hier die Gruppe der Berufssektoren mit hohen Präsenzanforderungen definiert, die aus den folgenden Berufssektoren besteht: Bauwesen; Beauty & Wellness; Bildung & Erziehung; Einzelhandel; Gesundheits- & Krankenpflege, Altenpflege; Häusliche Pflege, Sozialpflege, Kinder-, Jugend-, Familienhilfe; Lagerhaltung; Land-, Forst-, Tierwirtschaft & Gartenbau; Lebensmittelzubereitung, -herstellung, -verkauf & Gastronomie; Medizintechnik; Pharmazie; Produktion & Fertigung; Reinigungsdienste; Sozialdienst & Sozialarbeit; Therapie; Transportwesen; Zahnmedizin.