Die wichtigsten Punkte:

  • Trotz Rezession und wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt der Fachkräftemangel ein beständiges Merkmal des deutschen Arbeitsmarktes.
  • Die Nachfrage nach Arbeitskräften hat sich stabilisiert und liegt trotz einer Abkühlung immer noch deutlich über dem Niveau vor der Pandemie.
  • Lohnwachstum trifft auf Rezession: Nominallöhne sind stark gestiegen, aber die Rezession und abnehmende Inflation haben zu einer Verlangsamung des Lohnwachstums geführt.

Weiterhin hoher Fachkräftemangel

Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Rezession und laut aktuellen Vorhersagen wird sich das auch dieses Jahr nicht mehr ändern. Die Konjunkturprognosen für nächstes Jahr erwarten zwar ein leichtes Wirtschaftswachstum, allerdings wurden die Erwartungen bereits wieder nach unten korrigiert

Der Arbeitsmarkt ist trotz des schwachen Geschäftsklimas weiterhin vom Fachkräftemangel geprägt. ifo-Daten zeigen: Der Anteil der Unternehmen mit Fachkräftemangel ist zwar unter dem Höchststand von 2022, aber immer noch deutlich über dem Niveau vor der Pandemie. Die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten können den Langzeittrend des zunehmenden Fachkräftemangels nicht stoppen. Im dritten Quartal 2022 beklagte laut ifo Konjunkturumfrage jedes zweite Unternehmen (49,7 %) einen Mangel an qualifiziertem Personal. Dieser Wert ist innerhalb eines Jahres auf 43,1 % (Q3/2023) gesunken, aber seit dem zweiten Quartal 2023 sogar bereits wieder leicht angestiegen. 

Das Liniendiagramm mit dem Titel „Fachkräftemangel in Deutschland nimmt zu“ zeigt den Anteil der Unternehmen mit Fachkräftemangel in Deutschland von Q1/2009 bis Q3/2023 für die Branchen Bauhauptgewerbe, Dienstleistungen, Handel, Verarbeitendes Gewerbe sowie den Gesamttrend für Deutschland. Gut sichtbar ist der Knick zur Pandemie und der seitdem fast kontinuierliche Anstieg. Der aktuelle Deutschlandtrend liegt bei 43,1 % in Q3/2023 und ist damit wieder leicht gestiegen.
Das Liniendiagramm mit dem Titel „Fachkräftemangel in Deutschland nimmt zu“ zeigt den Anteil der Unternehmen mit Fachkräftemangel in Deutschland von Q1/2009 bis Q3/2023 für die Branchen Bauhauptgewerbe, Dienstleistungen, Handel, Verarbeitendes Gewerbe sowie den Gesamttrend für Deutschland. Gut sichtbar ist der Knick zur Pandemie und der seitdem fast kontinuierliche Anstieg. Der aktuelle Deutschlandtrend liegt bei 43,1 % in Q3/2023 und ist damit wieder leicht gestiegen.

Die Arbeitskräftenachfrage hat sich stabilisiert

Die vom ifo ermittelten Trends beim Fachkräftemangel decken sich weitgehend mit der im Indeed Job Index zu beobachtenden Arbeitskräftenachfrage. Der Indeed Job Index ist von seinem Höchststand von über 155 Punkten im Dezember 2022 auf knapp 135 Punkte Ende Mai 2023 gefallen. Das ist ein Minus von rund 13 Prozent. Indeed Echtzeitdaten zeigen uns aber nun auch seit Ende Mai 2023, dass die Arbeitskräftenachfrage nicht weiter rückläufig ist und sich stattdessen im Vergleich zu vor Beginn der Pandemie auf hohem Niveau stabilisiert hat. Seit nunmehr 5 Monaten bewegt sich die Arbeitskräftenachfrage zwischen 135 Punkten und 140 Punkten. Das bedeutet zwar eine deutliche Abkühlung der Nachfrage vom Job-Boom in 2021 und 2022, aber immer noch über ein Drittel mehr Stellenanzeigen als vor Beginn der Pandemie. Und man darf nicht vergessen, dass bereits vor Beginn der Covid-19-Pandemie in vielen Bereichen ein Fachkräftemangel beobachtet werden konnte.

Stellenanzeigen im HR-Bereich können als alternativer Indikator für den Arbeitsmarkt dienen — in wirtschaftlich starken Zeiten, wenn Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, steigt in der Regel der Bedarf an HR-Fachkräften und umgekehrt. Seit dem Höchststand im April 2022 sind die Stellenanzeigen im HR-Bereich um mehr als 36 % gesunken: von einem Indexwert von 210 auf 134 im November, wobei sich dieser Rückgang zuletzt verlangsamt hat. Ebenso verzeichnet der Bereich der Softwareentwicklung, eine Schlüsselkomponente des überaus wichtigen Technologiesektors, seit April des letzten Jahres einen deutlichen Rückgang (von 160 auf 99). Aktuell liegen die Zahlen in diesem Bereich leicht unter dem Vor-Pandemie-Niveau. 

Das Liniendiagramm mit dem Titel „Arbeitskräftenachfrage stabilisiert, HR-Stellenanzeigen als alternativer Arbeitsmarkt-Indikator und Softwareentwicklung auf Vor-Pandemie-Niveau“ zeigt die Stellenanzeigen auf Indeed Deutschland (Gesamt, Personalwesen und Softwareentwicklung), wobei der 01.02.2020 den Wert 100 annimmt. Deutlich zu erkennen ist der Job-Boom in 2021 und 2022, insbesondere im Personalwesen und der Softwareentwicklung. In beiden Branchen fällt der Index etwa seit der zweiten Jahreshälfte 2022. Für die Softwareentwicklung liegt der Index mit 99 Punkten aktuell unter dem Vor-Pandemie-Niveau.
Das Liniendiagramm mit dem Titel „Arbeitskräftenachfrage stabilisiert, HR-Stellenanzeigen als alternativer Arbeitsmarkt-Indikator und Softwareentwicklung auf Vor-Pandemie-Niveau“ zeigt die Stellenanzeigen auf Indeed Deutschland (Gesamt, Personalwesen und Softwareentwicklung), wobei der 01.02.2020 den Wert 100 annimmt. Deutlich zu erkennen ist der Job-Boom in 2021 und 2022, insbesondere im Personalwesen und der Softwareentwicklung. In beiden Branchen fällt der Index etwa seit der zweiten Jahreshälfte 2022. Für die Softwareentwicklung liegt der Index mit 99 Punkten aktuell unter dem Vor-Pandemie-Niveau.

Arbeitslosenquote stagniert, Zahl der Erwerbstätigen nimmt zu

Ein Blick auf weitere Arbeitsmarktindikatoren verdeutlicht, dass die Rezession hauptsächlich auf die Arbeitskräftenachfrage durchschlägt. Die rückläufige Arbeitskräftenachfrage zeigt sich nicht nur im Indeed Job Index, sondern auch in einem Rückgang der offenen Stellen und einer sinkenden Vakanzrate. Demgegenüber sehen wir bei der Arbeitslosenquote seit vielen Monaten nur wenig Bewegung. Sie liegt im Oktober 2023 — wie auch bereits im Vormonat — bei 5,7 % (saisonbereinigt 5,8 %). Im Oktober 2022 lag die Arbeitslosenquote bei 5,3 %, somit auch bereits oberhalb des Vor-Pandemie-Niveaus von 4,8 % im Oktober 2019. Etwa 0,4 %-Punkte der Arbeitslosenquote werden den ukrainischen Geflüchteten zugesprochen. Trotz leicht erhöhter Arbeitslosenquote erreicht die Erwerbstätigkeit im September 2023 mit 46 Millionen Personen einen neuen Höchststand. Das sind 0,6 % mehr Erwerbstätige als noch im September 2022.

Lohnwachstum trifft auf Rezession

Ein Blick auf den Indeed Job Index verdeutlicht: Mit dem Rückgang der Stellenanzeigen ist auch das Lohnwachstum des Indeed Wage Tracker stark abgefallen. Durch die Rezession verunsicherte Unternehmen schränken Investitionen in neue Mitarbeitende ein. Auch der Spielraum beim Gehalt schrumpft. Durch den Rückgang der allgemeinen Arbeitskräftenachfrage hat sich der Wettbewerb etwas entspannt, was Arbeitgebende zum Anlass genommen haben, das Gehalt stabil zu halten. 

Im Oktober 2023 zeigt der Indeed Wage Tracker ein Lohnwachstum von 4,3 % zum Vorjahresmonat (3-Monats-Durchschnitt) an. Es werden Gehälter aus Stellenanzeigen für die Berechnungen der Lohnentwicklungen genutzt. Die Inflation im Oktober 2023 lag bei 3,8 %. Im Oktober 2022 haben wir das höchste Lohnwachstum für Deutschland beobachtet: mit 6,9 % zum Vorjahresmonat (3-Monats-Durchschnitt). Zur gleichen Zeit lag die Inflationsrate in Deutschland bei 10,4 %, was somit real einem Lohnverlust entspricht.

Die Gehälter aus Stellenanzeigen auf Indeed — die sich von den Gehältern der aktuellen/bestehenden Mitarbeitenden eines bestimmten Unternehmens unterscheiden — werden verwendet, um die Lohnentwicklung im Indeed Wage Tracker zu berechnen. ​​Neu verhandelte Gehälter liegen in der Regel höher als Bestandsgehälter und stellen somit ein Maß für die Angespanntheit eines Arbeitsmarktes dar. Als monatlich verfügbare Metrik bietet der Indeed Wage Tracker eine ergänzende Perspektive zur amtlichen Statistik, deren Daten mit einer zeitlichen Verzögerung von zwei Monaten veröffentlicht werden. Der Trend des Indeed Wage Trackers legt nahe: Die Rekordwerte aus dem zweiten Quartal 2023 beim Wachstum der Nominallöhne in der amtlichen Statistik werden sich im dritten Quartal nicht so stark fortsetzen. 

Das Liniendiagramm mit dem Titel „Lohnwachstum hat sich in Deutschland wieder verlangsamt“ zeigt die Veränderung der monatlichen Median-Wachstumsraten der in Indeed-Stellenanzeigen ausgeschriebenen Löhne und Gehälter bis 31.10.2023. Bis auf die Zeit der Coronapandemie ist das Lohnwachstum in Deutschland fast durchgehend höher als in der Eurozone (Beschäftigungsgewichteter Durchschnitt aus Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande und Spanien). Nach dem Höhepunkt Ende 2022 liegt das Lohnwachstum in Deutschland Ende Oktober 2023 bei 4,3 % und in der Eurozone bei 3,8 %.
Das Liniendiagramm mit dem Titel „Lohnwachstum hat sich in Deutschland wieder verlangsamt“ zeigt die Veränderung der monatlichen Median-Wachstumsraten der in Indeed-Stellenanzeigen ausgeschriebenen Löhne und Gehälter bis 31.10.2023. Bis auf die Zeit der Coronapandemie ist das Lohnwachstum in Deutschland fast durchgehend höher als in der Eurozone (Beschäftigungsgewichteter Durchschnitt aus Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande und Spanien). Nach dem Höhepunkt Ende 2022 liegt das Lohnwachstum in Deutschland Ende Oktober 2023 bei 4,3 % und in der Eurozone bei 3,8 %.

Fazit

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten und einem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote bleibt der Fachkräftemangel ein prägendes Merkmal des Arbeitsmarktes. Die Beschäftigung hat einen neuen Höchststand erreicht. Bisher scheint die Abkühlung des Arbeitsmarktes vor allem an der Einstellungsfront zu geschehen: Die Zahl der Stellenanzeigen, ebenso wie die Zahl der offenen Stellen, ist gegenüber ihren Höchstständen zurückgegangen. Die Vakanzrate ist auf den Trend von vor der Pandemie gesunken und das Lohnwachstum hat sich verlangsamt. Allerdings sind alle drei Kennzahlen im Vergleich zu ihrem Stand zu Beginn der Pandemie immer noch hoch. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachkräftemangels ist die Abschwächung am Arbeitsmarkt vorerst eher eine Normalisierung als ein Absturz.

Methodik

Hier verwendete Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit und des Statistischen Bundesamtes können über die jeweiligen Webseiten abgerufen werden. 

Die Daten zur Entwicklung der Stellenausschreibungen auf Indeed sind ein Index, der zum 01. Februar 2020 den Wert 100 annimmt. Der 01. Februar 2020 ist unsere Ausgangsbasis vor der Pandemie. Es wird ein gleitender Durchschnitt über 7 Tage berechnet. Die Daten liegen sowohl saisonbereinigt als auch nicht saisonbereinigt vor. Die Saisonbereinigung erfolgt auf Basis von Daten aus den Jahren 2017, 2018 und 2019. Jede Zeitreihe, einschließlich des nationalen Trends, der Berufsgruppen und der subnationalen Geografien, wird separat saisonbereinigt. Daten an einigen Tagen in den Jahren 2021 und 2022 fehlen und wurden interpoliert.

Das ifo Dresden hat in einer Veröffentlichung Anfang 2023 evaluiert, wie sich die Trends des BA-X-Stellenindex und des ifo-Beschäftigungsbarometers mit dem Indeed Job Index vergleichen lassen. Die Analyse kommt zu folgendem Ergebnis: “[W]enn man die Korrelation mit den SVB [Anmerkung Hering: sozialversicherungspflichtig Beschäftigte] als Maßstab für den Einsatz der Arbeitsmarktindikatoren nimmt, müsste man die hochfrequenten Indizes von Indeed als Erstes und den BA-X Stellenindex als den zweiten Indikator heranziehen.”

Die Zahl der Stellenausschreibungen auf Indeed.com ist kein Indikator für potenzielle Einnahmen oder Erträge von Indeed, das einen bedeutenden Prozentsatz des HR-Technologiesegments seiner Muttergesellschaft Recruit Holdings Co., Ltd. umfasst. Dies gilt sowohl für bezahlte als auch unbezahlte Stellenausschreibungen. Die Zahl der Stellenausschreibungen wird nur zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt und ist kein Indikator für die Leistung von Indeed oder Recruit. Weitere Informationen über die Umsatzerlöse des HR-Technologiesegments von Recruit finden Sie auf der Investor-Relations-Website von Recruit Holdings und in den Finanzberichten in Japan.