Die wichtigsten Punkte

  • Arbeitskräftemangel fördert Flexibilität von Arbeitgebern: Mittlerweile 15,8 % der Stellenanzeigen werden flexibel als Vollzeit- oder Teilzeitstelle angeboten.
  • Indeed-Job-Index von 150,1 Punkten zeigt weiterhin hohe Arbeitskräftenachfrage, allerdings mit sinkender Tendenz in den ersten Wochen dieses Jahres. 
  • Stellenanzeigen für Softwareentwicklung sind im Vergleich zum Vorjahr um 19,9 % zurück gegangen.

Teilzeit oder Vollzeit? Immer häufiger ist das egal

Der Indeed-Job-Index zeigt: Trotz unsicherer Zeiten ist die Nachfrage nach Arbeitskräften höher als noch vor drei Jahren. In Folge sind Unternehmen händeringend auf der Suche nach Arbeitskräften. Das führt dazu, dass Arbeitgeber flexibler werden: nicht nur mit Blick auf geforderte Qualifikationen, sondern auch, was den Umfang der Arbeitszeit angeht. Während das Thema Homeoffice nur Wissensarbeiter:innen betrifft, bietet ein Beschäftigungsumfang abseits der 40-Stunden-Woche neue Potenziale für alle Beschäftigungsgruppen. Immer mehr Arbeitgeber erkennen das und kommunizieren ihre Flexibilität bezüglich des Beschäftigungsumfangs bereits in der Stellenanzeige. Für diese Analyse haben wir über 19,9 Millionen Indeed Stellenanzeigen von Januar 2019 bis Januar 2023 untersucht, in denen angegeben war, ob eine Position in Vollzeit und bzw. oder in Teilzeit besetzt werden soll. Wir unterscheiden drei Gruppen von Stellenanzeigen: Stellenanzeigen, die nur in Vollzeit ausgeschrieben werden, die nur in Teilzeit ausgeschrieben werden, sowie Flex-Jobs, wo sowohl Teilzeit als auch Vollzeit möglich ist. 

Wie schon beim Thema Homeoffice und Remote Work hat die Pandemie auch beim Thema Flex-Jobs eine enorme Veränderung bewirkt. Im Februar 2020 waren 72,8 % der Stellenanzeigen in Vollzeit ausgeschrieben, 17,8 % in Teilzeit und lediglich 9,6 % waren flexibel, was Teilzeit oder Vollzeit anging. Während der ersten Covid-19-Wellen stieg der Bedarf an Teilzeitjobs: Kurzarbeiter:innen wollten ihr Kurzarbeitergeld durch Teilzeit aufstocken, manche Eltern und pflegende Angehörige konnten nicht mehr in Vollzeit arbeiten. Die Arbeitgeber haben reagiert und der Höhepunkt der Flex-Jobs war im August 2020 erreicht: Fast in jeder fünften Stellenanzeige auf Indeed wurde angegeben, dass sowohl die Arbeit in Teilzeit als auch Vollzeit möglich sei (19,6 %). Die vergangenen zwei Jahre haben nun gezeigt, dass die Aufwertung der Teilzeit gekommen ist, um zu bleiben: Auch im Januar 2023 sind immer noch 15,8 % der Stellenanzeigen auf Indeed flexibel ausgeschrieben und ermöglichen das Arbeiten in Teilzeit oder Vollzeit. 

Mehr Flexibilität beim Thema Teilzeit trifft genau den Zeitgeist. Denn Deutschland ist ein Land der Teilzeitarbeit – für Frauen. An sich sind das gute Nachrichten, denn während die Erwerbstätigenquote von Frauen vor 20 Jahren noch bei 58,8 % (2001) lag, hat u. a. Teilzeitarbeit dazu geführt, dass mehr Frauen erwerbstätig sind: Im Jahr 2021 waren es 72,0 % der 15- bis 64-jährigen Frauen. Das große ABER in diesem Zusammenhang bleiben allerdings solche Themen wie seltene Karrierechancen in Teilzeit, Gender-Pay-Gap oder Altersarmut. Der Arbeitskräftemangel bringt jedoch Bewegung in das Thema Teilzeitarbeit und wertet dessen Position auf. 

Die aktuellsten Eurostat-Zahlen aus dem Jahr 2021 zeigen: Teilzeit nimmt zu, auch bei Männern. Von 2001 bis 2021 ist die Teilzeitquote bei den 15- bis 64-jährigen Männern von 4,7 % auf 10,6 % angestiegen. Bei Frauen der gleichen Altersgruppe ist die Teilzeitquote in den letzten 20 Jahren von 39,0 % im Jahr 2001 auf 47,4 % im Jahr 2021 angestiegen.

Arbeitskräftenachfrage

Der Indeed-Job-Index zeigt: Die Arbeitskräftenachfrage ist weiterhin sehr hoch – der Abwärtstrends setzt sich allerdings fort. Mitte Dezember 2022 erreicht der Indeed-Job-Index mit 161,7 Punkten seinen Höhepunkt und sinkt seitdem tendenziell. Zum 24. Februar 2023 liegt der Indeed-Job-Index bei 150,1 Punkten. Das sind -0,5% im Vergleich zum Vorjahr und -2,4 % im Vergleich zum Vormonat (beides saisonal bereinigt). Die Arbeitskräftenachfrage liegt dennoch weiterhin auf sehr hohem Niveau. Die rückläufige Tendenz der Entwicklung der Stellenanzeigen in den ersten Wochen diesen Jahres zeigt allerdings eine deutliche Zurückhaltung der Unternehmen. Nahezu Echtzeit-Daten des Indeed-Job-Index können hier abgerufen werden.  

Liniendiagramm mit dem Titel “Stellenausschreibungen auf Indeed, Deutschland” zeigt die Veränderung der Stellenanzeigen auf Indeed vom 01.02.2022 bis zum 24.02.203 und wird als Index mit 100 am 01.02.2020 dargestellt. Der aktuellste Wert liegt bei 150,1 Punkten.
Liniendiagramm mit dem Titel “Stellenausschreibungen auf Indeed, Deutschland” zeigt die Veränderung der Stellenanzeigen auf Indeed vom 01.02.2020 bis zum 24.02.2023 und wird als Index mit 100 am 01.02.2020 dargestellt. Der aktuellste Wert liegt bei 150,1 Punkten.

Indeed-Job-Index für ausgewählte Berufsgruppen

Wie sieht die aktuelle Arbeitskräftenachfrage in verschiedenen Berufsgruppen aus? Wir konzentrieren uns hier auf die 10 Indeed-Berufsgruppen, die den größten Anteil an allen Stellenanzeigen ausmachen und damit auch den größten Einfluss auf den Gesamtarbeitsmarkt haben. Diese 10 größten Indeed-Berufsgruppen summieren sich auf 57,9 % (Daten bis zum 24.02.2023) aller Stellenanzeigen auf Indeed.

Eine über dem Durchschnitt liegende Arbeitskräftenachfrage sehen wir für Stellenanzeigen der Berufsgruppe Produktion & Fertigung (+6,8 % im Vgl. zum Vorjahr). Jobs in der Produktion & Fertigung waren im letzten Jahr insbesondere durch Material- und Lieferengpässe belastet, sodass sich die Entspannung in einer überdurchschnittlichen Nachfrage nach neuen Arbeitskräften äußert. 

Tabelle mit dem Titel “Arbeitskräftenachfrage für die 10 größten Berufsgruppen” zeigt die Wachstumsrate von Indeed-Stellenanzeigen mit Daten bis zum 24.03.2023
Tabelle mit dem Titel “Arbeitskräftenachfrage für die 10 größten Berufsgruppen” zeigt die Wachstumsrate von Indeed-Stellenanzeigen mit Daten bis zum 24.02.2023

Besonders negativ fällt die Entwicklung der Stellenanzeigen für die Softwareentwicklung (-19,9 % im Vgl. zum Vorjahr) auf. Die Nachfrage nach Expert:innen in der Softwareentwicklung hat seit dem Pandemie-Tiefpunkt einen unvergleichlichen Boom hingelegt und erreichte einen Index-Wert von 160 Punkten im April 2022. Nach diesem Boom kam der Fall. Zum 24. Februar 2023 lag der Index-Wert nur noch bei 126,2 Punkten. Sicherlich wäre es übertrieben, den Rückgang der Stellenanzeigen für Softwareentwicklung in Deutschland mit den aus den US bekannt gewordenen Massenentlassungen in der Tech-Branche zu vergleichen. Nichtsdestotrotz zeigt sich hier eine eindeutig zurückhaltende Stimmung der deutschen Wirtschaft gerade mit Blick auf IT-Invesitionen und IT-Innovationen.

Liniendiagramm mit dem Titel “Weiterhin rückläufige Nachfrage in der Softwareentwicklung” zeigt den Indeed-Job-Index, 01.02.2020 = 100, Stellenanzeigen auf Indeed Deutschland, saisonal bereinigt, Daten bis 24.02.2023. Es wird die Entwicklung aller Stellenanzeigen (= Gesamt) mit der Entwicklung der Stellenanzeigen in der Softwareentwicklung verglichen.
Liniendiagramm mit dem Titel “Weiterhin rückläufige Nachfrage in der Softwareentwicklung” zeigt den Indeed-Job-Index, 01.02.2020 = 100, Stellenanzeigen auf Indeed Deutschland, saisonal bereinigt, Daten bis 24.02.2023. Es wird die Entwicklung aller Stellenanzeigen (= Gesamt) mit der Entwicklung der Stellenanzeigen in der Softwareentwicklung verglichen.

Arbeitslosenquote, Erwerbstätige und Kurzarbeit

Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Arbeitslosenquote in Deutschland unterstützen das Bild eines weiterhin stabilen Arbeitsmarktes. Im Februar 2023 lag die Arbeitslosenquote saisonbedingt in Deutschland bei 5,7 %, saisonbereinigt lag sie weiter bei 5,5 %. Die BA geht davon aus, dass 0,4 Prozentpunkte der Arbeitslosenquote auf Geflüchtete aus der Ukraine zurückzuführen sind.

Bei den Erwerbstätigenzahlen konnte ein neues Rekordniveau vermeldet werden. Im vierten Quartal 2022 waren durchschnittlich 45,9 Millionen Personen erwerbstätig. Während die Zahl der Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen gesunken ist, wird das Wachstum der Erwerbstätigkeit vor allem durch neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen hervorgerufen. Im Januar sinkt saisonbedingt die Erwerbstätigenzahl im Vergleich zum Dezember. Dieser Rückgang ist zum Januar 2023 aber geringer ausgefallen als noch in den Vorkrisenjahren 2017 bis 2019, was die aktuelle hohe Nachfrage nach Arbeitskräften unterstreicht.

Kurzarbeit ist wieder leicht angestiegen, aber noch nicht besorgniserregend. Die Kurzarbeiterquote (also der prozentuale Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die sich in konjunktureller Kurzarbeit befinden) lag im Dezember 2022 bei 0,5 % (vorläufige Berechnungen). Im November 2022 waren es noch 0,4 %. Im Dezember 2021 lag die Kurzarbeiterquote mehr als vier Mal so hoch mit 2,3 %.

Fazit

Trotz schwacher Konjunktur hält sich der deutsche Arbeitsmarkt stabil. Die Prognosen verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute zur Arbeitslosenquote (IAB, Stand Januar 2023) sind optimistisch und gehen maximal von einer minimalen Erhöhung aus. Die Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen für 2023 wird mit einem leichten Plus prognostiziert. Die Stimmung der deutschen Wirtschaft ist noch nicht wieder auf dem Niveau von vor der russischen Invasion angekommen (Ifo-Geschäftsklimaindex Januar 2023) und der allgemeine Trend des demografischen Wandels ist für die nur geringen Wachstumsprognosen der Erwerbstätigenzahlen verantwortlich. In 2023, aber auch in den kommenden Jahren, wird es eine der größten Herausforderungen für den deutschen Arbeitsmarkt sein, genügend Arbeitskräfte zu finden. 

Das Arbeiten in Teilzeit steht nicht konträr zum Arbeitskräftemangel. Im Gegenteil bietet es Arbeitgebern die Möglichkeit, ihre Attraktivität zu erhöhen, indem sie auf die Wünsche der Erwerbstätigen eingehen. Dennoch zeigt sich beim beschriebenen Beschäftigungsumfang in Indeed Stellenanzeigen der Arbeitskräftemangel neben dem Zuwachs der Flex-Jobs noch durch einen anderen Trend ganz deutlich: Wenn wir uns die Entwicklung der Anteile von reinen Teilzeit- und Vollzeitstellen anschauen, dann sind die reinen Teilzeitstellen in den letzten beiden Jahren rückläufig, während reine Vollzeitstellen sogar wieder leicht angestiegen sind. Die Zukunft der Arbeit verabschiedet sich von reinem Schwarz-Weiß-Denken – stattdessen ist bunt gefragt.     

Methodik

Hier verwendete Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, des Statistischen Bundesamtes und von Eurostat können über die jeweiligen Webseiten abgerufen werden.  

Die Daten zur Entwicklung der Stellenausschreibungen auf Indeed sind ein Index, der zum 1. Februar 2020 den Wert 100 annimmt. Der 1. Februar 2020 ist unsere Ausgangsbasis vor der Pandemie. Es wird ein gleitender Durchschnitt über 7 Tage berechnet. Die Daten liegen sowohl saisonbereinigt als auch nicht saisonbereinigt vor. Die Saisonbereinigung erfolgt auf Basis von Daten aus den Jahren 2017, 2018 und 2019. Jede Zeitreihe, einschließlich des nationalen Trends, der Berufsgruppen und der subnationalen Geografien, wird separat saisonal bereinigt. Daten an einigen Tagen in den Jahren 2021 und 2022 fehlen und wurden interpoliert. 

Das Ifo hat in einer Veröffentlichung Anfang 2023 evaluiert, wie sich die Trends des BA-X-Stellenindex, dem ifo-Beschäftigungsbarometer, mit dem Indeed-Job-Index vergleichen lassen. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass “[w]enn man die Korrelation mit den SVB [Anmerkung Hering: sozialversicherungspflichtig Beschäftigte] als Maßstab für den Einsatz der Arbeitsmarktindikatoren nimmt, müsste man die hochfrequenten Indizes von Indeed als Erstes und den BA-X Stellenindex als den zweiten Indikator heranziehen.” 

Die Zahl der Stellenausschreibungen auf Indeed.com ist kein Indikator für potenzielle Einnahmen oder Erträge von Indeed, das einen bedeutenden Prozentsatz des HR-Technologiesegments seiner Muttergesellschaft Recruit Holdings Co., Ltd. umfasst. Dies gilt sowohl für bezahlte als auch unbezahlte Stellenausschreibungen. Die Zahl der Stellenausschreibungen wird nur zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt und ist kein Indikator für die Leistung von Indeed oder Recruit. Weitere Informationen über die Umsatzerlöse des HR-Technologiesegments von Recruit finden Sie auf der Investor-Relations-Website von Recruit Holdings und in den Finanzberichten in Japan.