Wie wird die Welt nach dem Brexit aussehen? Während politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger noch darüber rätseln, treten Jobsuchende bereits in Aktion: Sie suchen außerhalb des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union nach Arbeit.

Schon kurz nach dem Brexit-Referendum im Juni 2016 zeigten Indeed-Analysen einen kurzfristigen enormen Anstieg der Suchanfragen aus Großbritannien nach Jobs in der EU. Erneute Höchstwerte haben sich im Oktober 2016 im Kontext der Brexit-Rede der britischen Premierministerin Theresa May gezeigt. Bei beiden sprunghaften Anstiegen der Suchanfragen handelte es sich um kurzfristige Entwicklungen.

Der Brexit rückt jedoch näher. Seit Anfang 2017 können wir in den Indeed-Daten nun tatsächliche langsame, aber stetige Veränderungen beobachten: Die Suchen von Jobinteressenten in Großbritannien nach Jobs in anderen EU-Ländern nehmen zu. Im ersten Quartal 2018 lag ihr Anteil um 15,2 % höher als noch im ersten Quartal 2016 vor dem Brexit-Referendum. Oder anders formuliert: Das Interesse britischer Arbeitskräfte an Jobs im EU-Ausland hat mittlerweile ein Niveau erreicht, das zur Zeit des Brexit-Referendums noch einen kurzfristigen Spitzenwert darstellte.

In welchen EU-Ländern suchen britische Arbeitskräfte bevorzugt nach Jobs? Irland ist mit 21,4 % der Suchanfragen am beliebtesten, gefolgt von Frankreich mit 17,5 %. Auf Spanien entfielen 12,8 % der Suchanfragen, auf Deutschland 11,7 % und auf Italien 8,2 %. Die Ergebnisse eines am Institute for International Economic Policy der George Washington University neu erschienenen Working Papers, das Indeed-Daten nutzt, lassen Schlussfolgerungen zu, warum Jobinteressenten aus Großbritannien gerade in den oben genannten Ländern nach Jobs suchen: Faktoren wie eine gemeinsame Sprache, die räumliche Nähe und schließlich auch die EU-Mitgliedschaft spielen eine entscheidende Rolle. Der Exodus qualifizierter Arbeitskräfte Richtung EU-Ausland wird im Brexit-Kontext diskutiert. Dass die Beteiligung eines Landes am internationalen Arbeitsmarkt aber auch ein Indikator für den wirtschaftlichen Erfolg ist und gleichzeitig einen wichtigen Grund für diesen Erfolg darstellt, zeigt eine Indeed-Analyse aus dem letzten Jahr zum Thema internationale Jobsuche.

Eine frühere Indeed-Analyse von ausländischen Suchanfragen in Deutschland hat ergeben, dass Regionen und Städte für Jobsuchende aus dem Ausland unterschiedlich attraktiv sind. Im Zuge der Brexit-Diskussionen wird über die Zukunft der Finanzjobs in London spekuliert. Das Werben der verschiedenen Finanzzentren Europas um die Arbeitsplätze hat begonnen. Frankfurt am Main wird in diesem Zusammenhang immer wieder als attraktiver neuer Standort genannt. Welche deutschen Städten könnten nach derzeitigem Stand besonders von britischen Arbeitskräften profitieren? Bei den Jobsuchenden aus Großbritannien, die im ersten Quartal 2018 nach einem Job in einer bestimmten deutschen Stadt gesucht haben, ist Berlin am beliebtesten (18,7 %), gefolgt von München (8,4 %) und Hamburg (5,8 %). Frankfurt am Main rangiert erst mit einigem Abstand auf dem vierten Platz (5,6 %), vor Köln (3,9 %).

Suchen aus Großbritannien in anderen EU-Ländern auf Indeed
Das Liniendiagramm zeigt den prozentualen Anteil der Suchanfragen von Großbritannien ins EU-Ausland. Das Brexit-Hoch liegt bei 100. Es werden die Daten von Juni 2016 bis März 2018 gezeigt. Bis September 2016 liegen die Suchanfragen unter 100 und es ist erkennbar, dass das Interesse britischer Arbeitskräfte an Jobs im EU-Ausland zur Zeit des Brexit-Referendums einen kurzen Höchstwert erreichte. Die Kurve flacht dann ab Dezember 2016 wieder ab und bleibt unter 100 bis März 2018.

Methodik

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland wird im deutschen Sprachgebrauch meistens als Großbritannien bezeichnet. Um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen, nutzen wir hier ebenfalls die Bezeichnung Großbritannien, wenn wir das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland meinen.