Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Stellenausschreibungen der größten europäischen Rüstungsunternehmen haben sich seit 2022 dynamischer entwickelt als der Gesamtmarkt, derzeit liegen sie 41 % über dem Niveau von 2021.
- In Deutschland suchen Rüstungsunternehmen vor allem Fachkräfte aus Technik, Ingenieurwesen und IT – aber auch für betriebliche Funktionen.
- Das Interesse Jobsuchender an der Branche ist seit Beginn des Ukraine-Kriegs gestiegen.
Der Anstieg der Verteidigungsausgaben europäischer Staaten führt zu einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben sich die Stellenausschreibungen der größten europäischen Rüstungsunternehmen besser entwickelt als der europäische Stellenmarkt insgesamt. In Deutschland – wie auch in anderen europäischen Ländern – stößt das wachsende Stellenangebot der Branche zudem auf ein gestiegenes Interesse seitens der Jobsuchenden, wie eine Analyse des Hiring Labs auf Basis von Indeed-Stellenausschreibungen und Suchanfragen zeigt.
Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen haben europäische Staaten ihre Verteidigungsausgaben in den letzten Jahren deutlich erhöht. 2023 gaben die EU-Mitgliedstaaten nach Schätzung der Europäischen Kommission 1,3 % des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus, in 2024 waren es 1,5 %. Für die Jahre 2025 und 2026 wird ein Anstieg auf jeweils 1,6 % prognostiziert. Auch Deutschland hat seine Rüstungsausgaben ausgeweitet: Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI investierte die Bundesrepublik 2024 rund 77,6 Mrd. EUR in Verteidigung – 28 % mehr als 2023. Nach der im März 2025 beschlossenen Lockerung der Schuldenbremse sind weitere Erhöhungen geplant.
Infolge der steigenden Nachfrage nach Rüstungsgütern sind die Aktienkurse von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, Leonardo oder Saab seit 2022 deutlich gestiegen. Während klassische Industriezweige wie die Automobilbranche in Deutschland derzeit schwächeln, gilt die Rüstungsbranche daher zunehmend als wirtschaftlicher Wachstumssektor.
Stellenausschreibungen europäischer Rüstungsunternehmen entwickeln sich seit 2022 besser als der Gesamtmarkt
Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Rüstungsbranche spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider: Die Stellenausschreibungen der größten europäischen Rüstungsunternehmen auf Indeed entwickelten sich in den vergangenen Jahren deutlich dynamischer als die Gesamtzahl der Indeed-Stellenausschreibungen in Europa.
Nach einem pandemiebedingten Rückgang in 2020 stiegen die Ausschreibungen zunächst sowohl in der Rüstungsindustrie als auch im Gesamtmarkt ähnlich steil an. Ab 2022 jedoch entwickelten sich die Trends unterschiedlich: Während der Gesamtmarkt seinen Höhepunkt im Juli 2022 erreichte – rund 46 % über dem Durchschnittswert von 2021 – und seither rückläufig ist, setzte sich das Wachstum in der Rüstungsbranche weiter fort. Im November 2022 hatten die Rüstungsunternehmen etwa doppelt so viele Stellen ausgeschrieben wie durchschnittlich in 2021 und verharrten knapp unter diesem Niveau bis Ende 2023. Seitdem sind die Ausschreibungen in der Rüstungsbranche rückläufig. Im Mai 2025 lagen sie jedoch immer noch 41 % über dem Niveau von 2021. Der Gesamtmarkt fiel zuletzt knapp unter diesen Referenzwert.
Auf Frankreich entfiel im Mai 2025 der größte Anteil an Stellenausschreibungen (43 %), gefolgt von Deutschland und Großbritannien (je 17 %). Die restlichen 23 % verteilten sich auf andere europäische Märkte.
In Deutschland wird vor allem technisches Fachpersonal gesucht
Die größten Rüstungsunternehmen suchen auf Indeed Deutschland vorrangig Fachkräfte mit technischem, ingenieurwissenschaftlichem oder IT-Hintergrund. 10,7 % der Stellenausschreibungen im letzten Jahr entfielen auf Berufe in Mechanik, Technik & Handwerk wie Industrie-, Mess- und Werkzeugmechaniker*innen oder Elektroniker*innen. Gesucht wurde zudem im Ingenieurwesen (10,6 %) – zum Beispiel in den Fachrichtungen Maschinenbau und Elektrotechnik – und im Wirtschaftsingenieurwesen (4 %). 10,5 % der Ausschreibungen entfielen auf Berufe in IT-Support & Infrastruktur – wie IT-Manager*innen oder Cybersecurity-Spezialist*innen – und 10,2 % auf Stellen in der Softwareentwicklung. Neben Mitarbeitenden in Produktion & Fertigung (9,4 %) waren auch betriebliche Funktionen im Projektmanagement (7,6 %), Management (6 %), Büro & Verwaltung (4,6 %) sowie im Vertrieb (3 %) gefragt. Viele dieser Stellen haben ebenfalls einen technischen oder produktionsnahen Bezug – etwa im technischen Vertrieb oder Einkauf, wo häufig Produkt- oder Branchenkenntnisse vorausgesetzt oder gewünscht wurden.
Auch das Interesse von Jobsuchenden an der Branche wächst
Nicht nur die Arbeitskräftenachfrage, sondern auch das Interesse der Jobsuchenden an der Rüstungsindustrie ist gestiegen. So hatte sich der Anteil der monatlichen Suchanfragen nach den größten Rüstungsunternehmen oder branchenspezifischen Begriffen zu Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 kurzzeitig mehr als verdreifacht – von 0,026 % im Januar 2022 auf 0,084 % im März 2022. Seitdem liegt der Anteil dauerhaft über dem Niveau der Vorjahre. Im März 2025 stieg er im Zuge der Debatte um die Lockerung der Schuldenbremse erneut auf 0,088 %. Der internationale Vergleich zeigt: Deutschland liegt im Mai 2025 (0,053 %) über Großbritannien (0,017 %), aber unter Frankreich (0,128 %), wo das Interesse an der Rüstungsindustrie auch historisch stets höher war.
Rüstungsindustrie als Impulsgeber für Innovation und hochqualifizierte Beschäftigung
Die Rüstungsindustrie hat in den vergangenen Jahren nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch wirtschaftlich an Bedeutung gewonnen. Dies zeigt sich neben steigenden Aktienkursen auch an einer überdurchschnittlichen Entwicklung der Stellenausschreibungen und einem wachsenden Interesse von Jobsuchenden. Angesichts geplanter weiterer Rüstungsausgaben dürfte die Branche auch künftig wachsen und Arbeitsplätze schaffen.
Dennoch ist die Branche im Vergleich zu anderen Industriezweigen weiterhin klein: Die hier betrachteten größten europäischen Rüstungsunternehmen erzielten 2023 einen Umsatz von 132,6 Mrd. USD (114,8 Mrd. EUR) – davon 10,7 Mrd. USD (9,2 Mrd. EUR) durch die vier deutschen Akteure. Der Umsatz der deutschen Automobilhersteller Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz lag 2024 gemeinsam bei rund 613 Mrd. EUR. Die Rüstungsindustrie wird daher wohl kaum die Schwächen anderer Industriezweige wie der deutschen Automobilindustrie ausgleichen oder dortige Arbeitsplatzverluste absorbieren können.
Gleichwohl kann staatliches Engagement im Verteidigungsbereich Impulse für Innovation und technologische Entwicklung setzen, die über die Branche selbst hinausgehen. Rüstungsunternehmen investieren in Forschung – etwa zu künstlicher Intelligenz, Sensorik oder Cybersicherheit –, die auch zivile Anwendungen findet. Die neue Bundesregierung plant, Hürden für die Zusammenarbeit ziviler und militärischer Forschung abzubauen. So könnte die Rüstungsindustrie in einem sicherheitspolitisch herausfordernden Umfeld auch zur technologischen Erneuerung Europas beitragen und langfristig hochqualifizierte Industriearbeitsplätze sichern.
Methodik
Stellenausschreibungen
Die Analyse umfasst Stellenanzeigen von 25 der größten europäischen Rüstungsunternehmen, die im Top-100-Ranking des SIPRI gelistet sind (für zwei europäische Unternehmen aus dem Ranking lagen keine Daten vor: JSC Ukrainian Defence Industry und Czechoslovak Group). Der Betrachtungsraum umfasst Stellenausschreibungen auf Indeed-Webseiten innerhalb der EU sowie anderer europäischer NATO-Mitgliedsstaaten sowie der Schweiz.
Für die meisten Unternehmen wurden relevante Stellenausschreibungen mithilfe der unternehmenseigenen Taxonomie von Indeed identifiziert. Bei einigen Tochtergesellschaften größerer Konzerne, bei denen der Anteil der Rüstungsverkäufe am Gesamtumsatz unter 20 % liegt (z. B. Thyssenkrupp Marine Systems, Safran Defence, Airbus Defence and Space), erfolgte die Datenerhebung über stichwortbasierte Extraktion, um nur die Stellenausschreibungen der Rüstungssparte der jeweiligen Konzerne zu erfassen.
Stichprobe der Unternehmen: Airbus, Atomic Weapons Establishment, Babcock International, BAE Systems, CEA, Dassault Aviation, Diehl, Fincantieri, Hensoldt, KNDS, Kongsberg, Leonardo, MBDA, Melrose Industries, Naval Group, Navantia, PGZ, Qinetiq, Rheinmetall, Rolls-Royce, Saab, Safran, Serco Group, Thales, ThyssenKrupp.
Suchanfragen
Um das Interesse der Jobsuchenden an der Rüstungsindustrie zu messen, wurde der Anteil der Suchanfragen nach den in der Stichprobe enthaltenen Unternehmen sowie nach Variationen der Begriffe Rüstungs-/Verteidigungs-/Waffenindustrie/-unternehmen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Niederländisch auf den jeweiligen europäischen Indeed Webseiten berechnet.